"Am Anfang war der Bierdeckel"
Das Ergebnis erscheint naheliegend und einfach. Der Weg bis zu diesem Punkt erforderte aber neues Denken.
Die Aufgabe bestand darin eine bis zu 60t schwere 30m lange Stahlstrebe unter eine Brücke zu montieren. Die Schwierigkeit: ein Kran kommt nicht in Frage, weil der Freiraum nicht ausreicht und die Montage über dem Wasser erfolgen musste.
Das bereits weitestgehend ausgearbeitete Konzept (rechts) enthielt neben einer kostenintensiven Ausrüstung zusätzliche Risiken bei der Umsetzung. Zu diesem Zeitpunkt entstand das mit Handskizzen illustrierte völlig neue Konzept, das dann endgültig umgesetzt wurde.
Als Grundlegendes Konzept für das Anheben der Streben kam nur der Einsatz von Litzenhebern in Frage. Diese Technik bietet hohe Hubkapazitäten für schwere Lasten bei vergleichsweise kleinem Einsatz von Ausrüstungselementen. Ihr Nachteil: Der Litzenheber wird in der Regel ortsfest installiert. Die Last kann nur vertikal bewegt werden. Schwebt die Last in der Höhe, ist eine seitliche Ausrichtung nicht mehr möglich.
Im Ursprünglichen Konzept wurde deshalb eine Plattform entworfen auf der die Streben verschoben werden sollten. Gleit- oder Rolleinrichtungen und entsprechende Antriebe waren dazu erforderlich. Neben dem damit verbundenen Aufwand an mechanischer Ausrüstung beinhaltet dies auch Risiken bei der Umsetzung. Wenn die Verschiebeeinrichtung klemmt, muss die Reparatur vor Ort ausgeführt werden. Die Monteure müssen sicher zur Plattform gelangen und sich dort sicher Bewegen können, um Ihre Arbeiten zu erledigen. Unter den vorliegenden Randbedingungen ein ebenso kompliziertes Unterfangen, wie das Verschieben der Streben auf der Plattform selbst.
Das Ziel musste also sein die horizontale Bewegung der Streben ohne den Einsatz von störungsempfindlicher Ausrüstung zu erreichen. Vorbild für die Lösung war das Prinzip einer Schaukel, die in Querrichtung schwingt. Das Schaukelbrett bleibt bei dieser Bewegung in der waagrechte Lage. Es bewegt sich nur horizontal (und etwas nach oben). Zur endgültigen Lösung musste nur noch eine in der Länge veränderliche schräge Abspannung eingebaut werden, damit der Laststrang am Litzenheber zu keiner Zeit mehr als 5% von der Vertikalen abweicht.
Nach einigen untersuchten Varianten der geometrischen Anordnung und der "Seillängen" war eine Lösung gefunden, bei der die Streben sogar mit der gleichen Ausrüstung in Ihre endgültige Lage aufgerichtet werden konnten. Für diesen Schritt waren in der ursprünglichen Planung zusätzliche Litzenheber vorgesehen auf die nun verzichtet werden konnte.
Im Ergebnis war diese Montagevariante robuster in der Ausführung, sicherer für das Montagepersonal, schneller zu montieren und dabei kostengünstiger umzusetzen.
Fazit: "Think simple", Einfache Lösungen bieten oft mehrere Vorteile gleichzeitig.
Man mag vielleicht denken, dass diese Lösung offensichtlich auf der Hand lag, weil ja jeder eigene Erfahrungen mit Schaukeln hat und es naheliegend erscheint dieses Prinzip zu übertragen. Wer aber selbst schon vor "scheinbar" unlösbaren Aufgabenstellungen stand und dann von einem Kollegen (am Ende sogar von einem Laien) quasi im vorbeigehen eine simple Lösung zugerufen bekam, der weiß, wie schwierig es manchmal ist die einfache Lösung zu finden.
Einfache Lösungen erscheinen im Nachhinein immer offensichtlich, sie zu finden wenn es darauf ankommt ist das Problem.